Vereinsraum

 DAS „ALTE RATHAUS“ ALS BAUDENKMAL

Das „Alte Rathaus“ befindet sich zentral in der historischen Dorfmitte Wüstenrots und bildet mit der evangelischen Kirche „Sankt Kilian“, dem alten Forsthaus sowie dem früherem Gasthaus „Löwen“ ein ortsbildprägendes Bauensemble. Als administrativer Mittelpunkt des ehemaligen Unteramts Böhringsweiler in dessen größtem Teilort gelegen, war das repräsentative Barockgebäude früher Sitz von Verwaltung und Schule. Die Schule bezog im Jahre 1916 einen Neubau in der Löwensteiner Straße, die Gemeindeverwaltung wechselte schließlich 1974 nach der Gemeindereform im Jahr 1974 in ihr neues Domizil in Weihenbronn.Rathaus1

Als Gebäude-Baujahr wurde durch die im Zuge der Sanierung veranlaßte Jahresringuntersuchung 1780 ermittelt. Aus dieser Zeit stammen neben wesentlichen Elementen der Außenhaut auch bedeutende Details der Innenausstattung, nämlich die Stuckdecke im ehemaligen Ratsaal, die Blockstufentreppe vom Obergeschoß ins Dachgeschoß, Teile der einstigen Arrestzelle im Obergeschoß sowie der gesamte Dachstuhl.

Das „Alte Rathaus“ ist somit ein hochkarätiges Baudenkmal, das aufgrund seiner relativ geschlossenen barocken Überlieferung weit über den Durchschnitt anderer Rathäuser dieser Epoche innerhalb des Landkreises Heilbronn hinausragt. Folglich wurde es auch durch das Landesdenkmalamt am 22. März 1995 aus heimatgeschichtlichen, künstlerischen und wissenschaftlichen Gesichtspunkten als Kulturdenkmal eingestuft. Am 9. August des gleichen Jahres wurde sodann das Objekt von der Wüstenrot Stiftung in Ludwigsburg als Förderprojekt im Denkmalbereich aufgenommen.

Mit insgesamt 700.000 DM half die Bausparkassenstiftung der Gemeinde Wüstenrot bei der Umsetzung denkmalpflegerischer Belange.

Dies brachte freilich auch Einschränkungen für die Umbau- und Gestaltungswünsche seitens der künftigen Nutzer mit sich. Nicht jedesmal konnten diese erfüllt werden, wie auch hinsichtlich des Denkmalschutzes ebenfalls nutzungsbedingt Zugeständnisse gemacht werden mußten. Alles in allem ist jedoch während der knapp dreijährigen Umbau- und Sanierungszeit durchaus ein Vorzeigeobjekt sowohl für die Gemeinde als auch für die Denkmalpflege entstanden. Von besonderem Vorteil erwies sich, daß der im 19. Jahrhundert hinzugefügte und später veränderte Anbau an der Ostseite 1996 abgebrochen wurde. Dies bot die Möglichkeit, die ehemalige spätbarocke Kubatur wieder herzustellen sowie den baulichen Bezug zum etwa gleichaltrigen ehemaligen Gasthof „Löwen“ aufzuzeigen. Dadurch war man jedoch hinsichtlich der Farbgebung der Fassade auf nur wenige historische Gestaltungsmöglichkeiten festgelegt.

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Wollte man das Gebäude in seiner, von dem Bad Mergentheimer Restaurator Norbert Eckert eindeutig ermittelten ersten Fassung als Fachwerkhaus zeigen, so bedeutete dies weißes Fachwerk. Andemfalls hätte als nächstältester historischer Befund zumindest die Gebäude-Vorderseite zum Kirchplatz hin zusammen mit dem Westgiebel verputzt werden müssen, was auf einhellige Ablehnung seitens der Gemeinde stieß. Nach anfänglichem Gewöhnungsbedürfnis in der Bürgerschaft wird nun das relativ selten zu sehende weiße Fachwerk im allgemeinen sehr gut akzeptiert, zumal die roten Fensterläden die Fassade wirkungsvoll beleben.

Außer in Freilichtmuseen haben Baudenkmale fast nur eine Überlebenschance durch eine angemessene Nutzung. Ein Anliegen aller am Umbau und der Sanierung Beteiligten war es daher, das Gebäude einer denkmalverträglichen Verwendung zuzuführen. In der Mehrschichtigkeit als Bürgerhaus, Vereinsheim und Museumsgebäude wird diesem anspruchsvollen Vorhaben Rechnung getragen.

Ein Gang durch das Haus: Das Obergeschoß

Im Obergeschoß sind 3 Bereiche entstanden. Links hat sich der Wüstenroter DRK-Ortsverein eingerichtet. Geradeaus „wohnt“ jetzt die Ortsgruppe des Schwäbischen Albvereins. In beiden Bereichen mußten umfangreiche Fachwerksanierungen vorgenommen werden (0stgiebel und Südwestwand). In den beiden DRK-Räumen waren durch frühere Umbauten keine historisch bedeutsamen Oberflächen mehr vorbanden. Der erste Raum war das „Stüble für des Schullehrers Vermälers,“ der zweite Raum bestand aus dem „Provisor Stüble“ und dem schmalen „Cloak“ an der Süd- Ostecke.

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Im Albvereinsraum wurden zwei historische Bereiche hervorgehoben.

Hierzu schreibt Restaurator Norbert Eckert:

„In diesem Raum wurde die Wandvertäfelung aus dem 19. Jahrhundert als Restbestand mit dem originalen Farbton aus dieser Zeit neu gefaßt, erhalten und restauriert. Die darüber noch vorhandene alte Wandfläche wurde im Verputz erhalten, konserviert, restauriert und mit der damals zeitgleichen Wandfassung rekonstruiert. Im oberen Bereich wurde die dort ehemals vorhandene Hohlkehle wieder soweit wie möglich in einem Restbestand hergestellt und mit der noch nachgewiesenen Stuckleiste, ebenfalls als Restbestand versehen, um dem Beschauer hier einen Einblick zu vermitteln, welcher aus dieser Zeit einmal vorhanden war.

In der Süd-Ostecke des Raumes konnte im Verlauf der Sanierungsmaßnahme noch die alte, ehemals vorhandene Arrestzelle mit der alten Fensteröffnung gefunden und nachgewiesen werden. Auf der komplett sichtbaren Decke mit der sehr dicken, handgearbeiteten, hölzernen Wandverschalung, ist noch der Abdruck der ehemaligen Zellenpritsche als Lager eindeutig ablesbar. Bis zu diesem Niveau wurden die hölzernen Wandverkleidungen immer wieder einmal gefaßt, im Pritschenbereich allerdings nicht, so daß auch heute noch klar erkennbar ist, wo dieselbe einmal stand und welche Größe diese hatte.

Auch wurde dieser nahezu einmalige Befund jetzt bei der Neugestaltung und Neufassung des Raumes berücksichtigt, auch wenn derselbe der geplanten Nutzung etwas hinderlich ist. Die schweren Dielen sollten verhindern, daß der Delinquent, um fliehen zu können, die Gefache der Wände hinausstieß. Das Gefängnisfenster wurde wieder in seiner ursprünglichen Größe eingesetzt.

Der dritte Bereich ist der alte Ratsaal mit den 2 alten Türen und seiner Stuckdecke, die viele Diskussionen auslöste. Viele konnten sich nicht vorstellen, daß die Decke noch zu retten war. Doch die Restauratoren stabilisierten die Decke und verankerten sie wieder mit ihrem Untergrund durch unzählige Kalkmörtelimpfungen.

Restaurator Eckert schreibt dazu:

„Der Alte Ratsaal mit der Stuckdecke wurde wieder in seinen optisch sichtbaren Zustand aus der Erbauungszeit zurückversetzt. Nachdem zahlreiche Überstriche an der Stuckierung abgenommen und die originale Oberfläche freigelegt war konnte hier eine leichte Überfassung des Originalzustands wieder hergestellt werden, ebenso an den Wandflächen. Größere Stuckergänzungen waren im Bereich der Hohlkehle und der dort umlaufenden Stuckierung notwendig, um den Erstzustand zu rekonstruieren. In diesem Erstzustand waren allerdings die Fenster im oberen Bereich einiges kürzer so daß ehemals Hohlkehle und Stuckierung umlaufend vorhanden waren. In einer Bauphase des 19. Jahrhunderts wurden die Fenster in der Höhe vergrößert.“

Die Wandleuchten unterstreichen die Stuckprofilierung. Eine zentrale Beleuchtung in der Mitte der Decke wurde bewußt vermieden.

Die Treppe in das Dachgeschoss, bisher durch einen Bretterverschlag verdeckt, wird in der Denkmalbeurteilung, als barocke Balustertreppe besonders hervorgehoben. Sie besteht aus Nadelholz. Die massiven Blockstufen sind im Querschnitt als Keil- oder Dreieckstufen auf Holzbalken aufgedübelt und genagelt. Seitlich verdeckt eine Brettwange die Stufenenden und die Balken. Von unten verdeckt eine Bretterschalung die Konstruktion. Auffallend für eine Bühnentreppe ist das barocke Balustergeländer das der Zimmermann mit großer Mühe wieder sehr gut hergestellt hat.

Im Vereinsraum der OG Wüstenrot (Schwäbischer Albverein).

2015_Herbstimpresionen3  Essen nach einer Wanderung

2004Spieleabend  Spieleabend im Winter

2013_04_12b   Vorträge und Tagungen

Haupteingang jetzt auf der Rückseite